Die Amsel und die Liebeslieder
Eine Amsel sitzt hoch oben auf dem Dach
lässt ihre Töne in die Dämmerung fallen
sie weiß nichts von der Wehmut im Gemach
wenn Sehnsuchtsworte ungehört verhallen
virtuos sinkt sie in ihre Kompositionen
webt Note an Note kunstvoll in Liedes Netz
schweigt selten, nur um neue Luft zu holen
dann proklamiert sie gefühlvoll weiter mit Herz
auch weiß sie nichts vom heimlichen Sehnen
vom Flüstern in die blauschwarze Nacht
von vergangenen Stunden, den schönen
als nur du schlugst den Takt der Liebesmacht
mein Herz selig klimperte auf der Laute
kling, die Saiten feuerten an ihren Klang
mir noch keine Nacht vor dem Morgen graute
du mit mir, ich mit dir Liebeslieder sang
zwei Hände ein Solo so schön wie das andre
in meine Haut, ins geöffnete Herz spannten
und mir war, als wenn ich durch Himmel wandre
Himmel, die wir nicht mal vom Traum her kannten
die Amsel versteigt sich in höchsten Tönen
selbst der Wind will nun andachtsvoll rauschen
weht sich sanft zu den Blumen, die zart erröten
will mit keinem Sturm, keinem Orkan tauschen
sie glaubt der gefiederten Seligkeit ihrer Gesänge
findet Erfüllung im brach liegenden Feld
ungerodeter Liebestendenzen im Blütengehänge
unterm rauschenden, schwingenden Himmelszelt
das Hochgefühl, es hält wie auf plätschernder Fontäne
die Balance zu bestaunen von vielerlei Augen
es möchte sinken in die Arme der uralten Kähne
sie immer noch für einen Liebesrausch taugen
© Margit Farwig