Die Olobomdoloms

Weit, weit weg von unserem Alltag, an einem fernen Punkte dieser Welt lebte einst ein kleines Volk. Es waren keine Menschen, aber auch keine Tiere. Sie waren ganz eigene Wesen. Einige von ihnen sahen ein bisschen aus wie Mäuse, andere hatten richtig dunkles, struppiges Fell, manche waren sogar ein bisschen stachelig. Deshalb hatten sie große Schwierigkeiten, sich zärtlich aneinander zu kuscheln, weil das immer so piekte. Dieses kleine und freundliche Volk waren die Olobomdoloms.

Sie lebten in Höhlen und Gängen und kamen nur selten ans Tageslicht. Meistens gingen die Olobomdoloms geschäftig ihren Tätigkeiten nach, gruben neue Gänge und Höhlen, suchten nach Nahrung und sammelten Gras und Blätter für ein weiches Lager im Winter. Sie waren freundlich, aber scheu, nur selten huschten sie an die Erdoberfläche, um Blätter und Gräser zu sammeln oder Nüsse und Rinde für eine Mahlzeit.

Die Olobomdoloms waren sehr gesellige Wesen und saßen oft abends beieinander und unterhielten sich über ihr Tagwerk und was die nächste Zeit wohl so bringen werde. Und so saßen sie auch diesen Abend wieder beieinander und unterhielten sich, aber nicht zu dicht, weil das ja piekte.

Da sprach eines der Olobomdoloms plötzlich: „Freunde, ich muss Euch etwas sagen.“ Die anderen schauten auf und lauschten gespannt. „Ich bin glücklich ein Olobomdolom zu sein“, sagte das eine Olobomdolom, „aber dann auch wieder nicht. Ich wünschte, ich könnte mich an Euch kuscheln, Eure Körper berühren, Euch streicheln, Euch nahe sein, ohne dass wir uns verletzen und weh tun. Ich fühle mich einsam und bin sehr traurig!“

Als es gesprochen hatte, war eine große Stille in der Höhle. Alle schwiegen und schauten bedrückt drein. Einige weinten sogar. Die Worte des Olobomdoloms waren ihnen sehr nahe gegangen. Andere nickten wortlos. Niemand wusste sich einen Rat. So saßen sie noch eine Weile schweigend da, ohne zu wissen, was sie tun konnten.

Dann erhob das eine Olobomdolom wieder seine zarte feine Stimme und sagte: „Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich tun könnte. Und weil ich sehe, dass auch Ihr keinen Rat wisst, habe ich beschlossen, auszuziehen und Hilfe zu holen!“ Sofort ging ein piepsendes Raunen durch die Menge, einige schauten mit großen Augen einander an, andere wiederum nickten wieder stumm.

Dann erhob sich langsam ein altes Olobomdolom und sprach: „Du hast Recht. Wir Olobomdoloms leben seit vielen Generationen in diesen Höhlen. Niemals hat uns jemand gesehen, aber auch wir haben noch niemals ein anderes Wesen gesehen. Vielleicht gibt es da draußen jemanden, der uns helfen kann. Auch ich habe mir schon oft gewünscht, kein kleiner, grauer, stacheliger und struppiger Olobomdolom mehr zu sein, sondern ein Wesen voller Weichheit und Sanftheit, das gerne berührt werden möchte. Die anderen Olobomdoloms stimmten ihm zu. „So sei es denn“, sprach das alte Olobomdolom wieder, „gehe hinaus in die Welt und schaue, ob Du Hilfe findest!“

Das junge Olobomdolom nahm einen kleinen Beutel, tat ein paar Nüsse hinein und machte sich auf den Weg. Noch während der Nacht legte es die ersten Schritte zurück, in der sicheren Obhut der Dunkelheit. Als es Morgen wurde, hatte es bereits viele hundert Meter zurückgelegt, konnte das kleine Tal, in dem die Olobomdoloms in Höhlen lebten, schon längst nicht mehr sehen. Am Abend rastete es und suchte sich einen Platz für die Nacht.

So vergingen viele Tage und Nächte und das Olobomdolom lernte viele anderer Wesen kennen, aber niemand konnte ihm helfen. So setzte es sich eines Tages auf einen alten Baumstamm und schlief ein. Als es aufwachte blies ein leichter Wind und der Wind wehte Gräser, Samen und kleines Getier durch die Luft. Auf einmal flog eine weiche, weiße, flaumige Feder auf das Olobomdolom zu und es schaute ganz fasziniert, weil es so etwas noch nie gesehen hatte. Es nahm sie in die Hand und hielt sie an sein Herz. Dann schlief es wieder ein.

Irgendwann wachte das Olobomdolom auf, denn die Sonne blinzelte ihm in die Augen. Es war durstig und so beschloss es, einen See zu suchen, um sich zu erfrischen. Nach kurzer Zeit kam es an einem Weiher vorbei und wollte etwas trinken. Es senkte das Köpfchen zum Wasser und als es in das Wasser schaute, erschrak es sehr. Es sah kein stacheliges braunes Olobomdolom mehr, sondern ein Wesen mit wunderschönem weichem, weißem und flauschigem Fell. Nur die Augen waren dieselben geblieben. Dann schaute es an seinem Körper herunter, und der ganze Körper war ebenso weich und weiß! Dann sah es die Feder an seinem Herzen und ihm wurde klar, dass nur sie dieses Wunder vollbracht haben konnte. Auf einmal war es ganz glücklich und es eilte, noch ohne getrunken zu haben, den Weg zurück in seine Heimat.

Als es einige Tage später in die Höhlenwelt der Olobomdoloms zurückkehrte, waren die anderen abends wieder in der Runde versammelt. Es trat ein und alle Olobomdoloms schauten verwundert das fremde Wesen an. „Wer ist das?“, hörte es einige fragen. „Ich bin es, Euer Freund, das Olobomdolom. Ich bin ausgezogen um Hilfe zu holen, wisst ihr nicht mehr?“ – „Du?“, fragten einige ungläubig, „bist das wirklich Du?“ – „Ja, ich bin es wirklich! Und schaut mal, was für ein weiches und flauschiges Fell ich jetzt habe!“ Die anderen Olobomdoloms schauten überrascht und erstaunt zugleich ihren Freund an. Einige berührten vorsichtig sein Fell, denn sie wollten ihm nicht wehtun.

Dann sprach das Olobomdolom: „Liebe Freunde, ich habe Euch noch etwas mitgebracht“, und es hielt die kleine, zarte, weiße, weiche Feder in die Höhe. „Dieses wunderschöne Geschöpf hat mir geholfen und ich glaube, es kann auch Euch helfen.“ Es nahm die kleine Feder in die Hand und berührte damit das Herz des nächststehenden Olobomdoloms. Plötzlich wurde sein Fell weiß und flauschig, die Stacheln verschwanden und es sah fast so aus, wie das Olobomdolom, das die Feder mitgebracht hatte.

Ein Staunen ging durch die Menge, viele „Aahs“ und „Oohs“ machten die Runde. Dann gab das weiße Olobomdolom die Feder weiter und nach und nach wurden sie alle weiß. Jedes verwandelte Olobomdolom hielt die Feder an das Herz des nächsten Olobomdoloms, bis sie alle dieses wunderschöne, weiche, weiße und flauschige Fell hatten.

Von nun an rieben die Olobomdolom ganz oft an ihrem Fell, kuschelten sich aneinander und wärmten sich gegenseitig. Sie genossen jede Berührung durch einen ihrer Freunde. Wenn sie abends beisammen saßen und erzählten, konnte mann sehen, wie sie schmusten und sich streichelten. Und das junge Olobomdolom musste seine Geschichte, wie es die weiche, weiße Feder gefunden hatte, wieder und wieder erzählen.

ls12022005

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