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Pakistan: Parlamentswahlen im Schatten des Militärs

Pakistan: Parlamentswahlen im Schatten des Militärs

Pakistan
Für viele Bürger in Pakistan steht das Ergebnis der bevorstehenden Parlamentswahlen am 8. Februar bereits fest. Das mächtige Militärestablishment werde die PTI-Partei (Tehreek-e-Insaf- Bewegung für Gerechtigkeit), die Partei des ehemaligen Premierministers Imran Khan um jeden Preis von der Macht fernhalten, sagten viele Bürger der DW. "

Khan wurde in mehreren Fällen wegen Korruption und der Weitergabe von Staatsgeheimnissen zu langjährigen Haftstrafen verurteilt und ist von den Wahlen ausgeschlossen. Meinungsumfragen zufolge liegt seine PTI-Partei jedoch vor ihren Hauptrivalen, der Pakistan Muslim League (N) von Nawaz Sharif, der in der Vergangenheit bereits dreimal Premierminister war, und der Pakistan People's Party unter der Führung von Bilawal Bhutto-Zardari, dem Sohn der ermordeten Ex-Premierministerin Benazir Bhutto.
Harris Khalique, Generalsekretär der nichtstaatlichen Menschenrechtskommission Pakistans, sagte der DW, die PTI sei "zweifellos eine große Volkspartei" in Pakistan. "Wenn die Wahlen frei und fair abgehalten werden, wird die PTI in den Großstädten viele Sitze im Parlament gewinnen", meinte Khalique, betonte aber: "Dieser Hype in den sozialen Medien ist ein wenig übertrieben, Khans Popularität auch schon etwas übertrieben".

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Khan zerwarf sich mit dem Militär
Die bevorstehenden Wahlen am 8. Februar kreisen um einen Ex-Premier, der die Militärgeneräle, die mit eisernem Griff an der Macht festhalten, herausgefordert hat. Im Jahr 2018 hatten Khans Gegner dem militärischen Establishment noch vorgeworfen, ihm den Weg zur Macht zu ebnen. Doch bis zum Misstrauensvotum im April 2022, bei dem Khan aus der Regierung gedrängt wurde, waren die Spannungen zwischen ihm und den Generälen angestiegen.Khan beschuldigte das Militär, das Misstrauensvotum gegen ihn inszeniert zu haben. Er behauptete außerdem, die USA hätten mit dem Militär und den politischen Parteien, die mit seiner rivalisierten, zusammengearbeitet, um ihn aus dem Amt des Premierministers zu entfernen; eine Behauptung, die Washington kategorisch zurückgewiesen hat.Nach einem Jahr der Konfrontation mit dem Militär gingen Khans Anhänger im ganzen Land auf die Straße, um gegen seine Verhaftung zu protestieren. Die Proteste eskalierten und wurden gewalttätig. Einige Randalierer griffen militärische Einrichtungen an und wüteten durch die Wohngebiete der Armee. "Ich glaube, sie (die Unruhen) spiegelte die Stimmung der Bevölkerung und der Arbeiter (Parteiaktivisten) wieder", sagte Shahriyar Riaz, ein PTI-Funktionär in der Stadt Rawalpindi, in einem Interview mit der DW. "Ich glaube aber auch, dass der Umgang mit der Situation nicht gut gehandhabt wurde. Was geschehen ist, hat die politische Lage in Pakistans verändert", fügte er hinzu. 
Mit den Vorfällen, die als "9.-Mai-Unruhen" bezeichnet werden, schien für die mächtige Armee des mehrheitlich muslimischen Landes eine rote Linie überschritten worden zu sein und sie veränderten die Beziehung zwischen Militär und Politik. In den Monaten nach den Unruhen begannen die Behörden, mutmaßliche Demonstranten, darunter PTI-Mitglieder, vor Militärgerichten zu verurteilen. Scharen hochrangiger und mittlerer Parteifunktionäre der PTI kündigten ihren Rücktritt an und erklärten ihre Unterstützung für das Militär. "Die PTI baute bereits ein Narrativ auf, als Khan durch ein Misstrauensvotum abgesetzt wurde", sagte der Brigadier im Ruhestand Waqar Hassan Khan gegenüber der DW. Er fügte hinzu: "Am 9. Mai stellten wir einen orchestrierten Angriff auf den Staat fest".

Behauptungen über Manipulationen vor der Wahl
In den letzten Wochen gab es Berichte darüber, dass potenzielle PTI-Kandidaten daran gehindert wurden, Nominierungsunterlagen einzureichen, und dass der Oberste Gerichtshof der Partei die Verwendung ihres ikonischen Kricketschläger-Wahlsymbols untersagte. Die Ereignisse haben die bevorstehenden Wahlen äußerst umstritten gemacht. Khans Berater und einige Analysten sprechen von Wahlmanipulationen.


 Fakten aus der Presse


In Pakistan sind am Donnerstag überschattet von Gewalt und Manipulationsvorwürfen ein neues Parlament und vier Provinzversammlungen gewählt worden. Rund 128 Millionen Menschen in der von einer Wirtschaftskrise geplagten Atommacht waren zur Stimmabgabe aufgerufen. Am Wahltag wurden bei zwei Angriffen mindestens sieben Sicherheitskräfte getötet – bereits am Vortag waren bei Anschlägen mindestens 28 Menschen getötet worden. Die Behörden schalteten das Mobilfunknetz ab. Mehr als 650.000 Armeeangehörige, paramilitärische Kräfte und Polizisten sollten die Sicherheit bei den Wahlen gewährleisten.

In Pakistan haben die Wahllokale nach einem turbulenten Tag mit Internetsperren, Gewalt und Manipulationsvorwürfen geschlossen. In zahlreichen Regionen des Landes verzeichnete die Organisation NetBlocks, die für die Beobachtung von Internetsperren bekannt ist, Störungen.

Pakistans Innenministerium hatte den Schritt mit der angeblichen Sicherheit für die Wählerinnen und Wähler begründet, einen Tag nach zwei tödlichen Anschlägen in der südwestlichen Unruheprovinz Baluchistan. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) reklamierte die Angriffe für sich.

Bei den vergangenen Wahlen im Jahr 2018 war es trotz einer damals angespannteren Sicherheitslage nicht zu derartigen Maßnahmen gekommen. Pakistans unabhängige Menschenrechtskommission HRCP forderte die sofortige Wiederherstellung der Dienste und beklagte einen "beunruhigenden Mangel an Transparenz". Die Oppositionspartei PTI rief die Bürger zu einer Aufhebung der persönlichen Wlan-Passwörter auf, um Mitbürgern in der Nähe die Nutzung ihres stationären Internets zu ermöglichen und die staatliche Sperre zu umgehen. Stationäres Internet war Berichten zufolge weniger stark betroffen.

Rund 130 Millionen Wahlberechtigte waren in dem krisengeschüttelten Land am Donnerstag dazu aufgerufen, über die Machtverteilung in der Nationalversammlung und den Provinzparlamenten abzustimmen. Die Wahllokale wurden angesichts der fragilen Sicherheitslage von 600.000 Polizisten und Soldaten geschützt. Im Laufe des Abends könnte bereits ein vorläufiges Ergebnis feststehen.


Khan-Lager mit 40 Prozent vor Sharif-Partei mit 30 Prozent – Massive Verzögerungen bei Auszählung nähren Verdacht auf Manipulationen

Bei der Parlamentswahl in Pakistan liegen als unabhängig registrierte Kandidaten laut Teilergebnissen überraschend vorn. Sie erreichten bei Auszählung von etwa der Hälfte der 266 Wahlkreise fast 40 Prozent. Ein Großteil dieser Kandidaten dürfte Verbindungen zum inhaftierten Ex-Premier Imran Khan und dessen Oppositionspartei PTI haben. Auf Platz zwei folgte zunächst die PML-N des ebenfalls früheren Premiers Nawaz Sharif, der als Favorit gehandelt wurde, mit gut 30 Prozent.

Die PML-N (Muslimliga-Nawaz) ist dem konservativen Lager zugeordnet. Mitglieder der zentralistisch-nationalistischen PTI durften nach einem Urteil des Obersten Gerichtshofs nur als unabhängige Kandidaten antreten. Wie aus einer Statistik der Wahlkommission vom Freitag hervorgeht, folgte die mitte-links eingeordnete Volkspartei PPP mit ihrem 35 Jahre alten Spitzenkandidaten Bilawal Bhutto Zardari mit rund 25 Prozent auf Platz drei.

Zuletzt waren in dem Land mit mehr als 240 Millionen Einwohnern PML-N und PPP nach dem Sturz Imran Khans per Misstrauensvotum in einer breiten Regierungskoalition mit einem Ministerpräsidenten der PML-N. Allerdings schloss Bhutto Zardari am Abend vor der Wahl eine Zusammenarbeit mit der PML-N zunächst aus. Die PML-N und PPP dürften nun auch um die Gunst der unabhängigen Kandidaten werben. Immer wieder hatten pakistanische Politiker in der Vergangenheit auch ihre Loyalitäten gewechselt.

Pakistans Nationalversammlung hat 336 Sitze, von denen 266 direkt gewählt werden. Weitere 60 Sitze sind für Frauen und zehn für Nichtmuslime reserviert, die entsprechend der Stärke der einzelnen Parteien besetzt werden. Durch die zusätzlichen Sitze dürften die großen etablierten Parteien ihr Gewicht im Parlament im Vergleich zu den Unabhängigen noch ausbauen. Unabhängige Kandidaten haben 72 Stunden nach der Wahl Zeit, sich anderen Parteien anzuschließen oder eigene Fraktionen zu gründen.


Der populäre Ex-Regierungschef Khan, der 1996 die nationalistisch-zentristische Partei Pakistan Tehreek-e-Insaf (Pakistanische Bewegung für Gerechtigkeit/PTI) gegründet hatte, war in der vergangenen Woche wegen Hochverrats, Bestechung sowie einer illegalen Ehe zu langen Haftstrafen verurteilt worden und sitzt im Gefängnis. Auch ein Großteil seiner Parteifreunde von der PTI wurde von der Wahl ausgeschlossen.Dafür traten aber viele unabhängige Kandidaten an, viele von ihnen mit dem Segen der PTI. Wegen des Vorgehens gegen die PTI war erwartet worden, dass die PML-N von Regierungschef Sharif die meisten Parlamentssitze gewinnen würde. Den Teilergebnissen und Medienberichten zufolge könnte die Wahl aber anders verlaufen sein.Die englischsprachige Zeitung „Express Tribune“ meldete, die Unabhängigen hätten bei der Wahl überrascht, „von der PTI unterstützte Kandidaten trotzen allen Widrigkeiten“. Es war erwartet worden, dass die PML-N die meisten Sitze gewinnen würde. Beobachtern zufolge hat der 74-jährige Parteigründer Sharif auch die Unterstützung des mächtigen Militärs. Der Wahlkampf war von Khans Inhaftierung und dem weitgehend dem Militär angelasteten Vorgehen gegen seine nationalistisch-zentralistische Partei PTI überschattet worden.

Nach Internetsperren am Wahltag und massiven Verzögerungen bei der Auszählung der Stimmen haben Beobachter und Oppositionsanhänger Zweifel an einer freien und fairen Wahl geäußert. Rund 130 Millionen Wahlberechtigte waren am Donnerstag in der Atommacht dazu aufgerufen, über die Machtverteilung in der Nationalversammlung und den Provinzparlamenten abzustimmen.

Michael Kugelman, Direktor des Südasien-Instituts am Woodrow Wilson International Center for Scholars in Washington, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Verzögerung deute darauf hin, dass die Machthaber versuchten, „ein Umfeld zu schaffen, das es ihnen ermöglicht, leichter in den Wahlprozess einbezogen zu werden. Im Onlinedienst X, ehemals Twitter, schrieb er: „Die Angst vor Wahlmanipulationen und -betrug ist weit verbreitet, und das aus gutem Grund.“Die Atommacht Pakistan ist mit 240 Millionen Menschen das fünftbevölkerungsreichste Land der Welt. Das asiatische Land steckt wirtschaftlich in der Krise. Die Inflation liegt bei rund 30 Prozent und die Rupie befindet sich seit drei Jahren im freien Fall.


 Was könnte die Wahl verändern?

Viele Beobachter gehen davon aus, dass der Wahlausgang nicht viel an der aktuellen Situation ändern wird. Falls die Vorhersagen stimmen, dürfte die PML-N als Sieger hervorgehen und eine ähnliche Regierung wie die letzte bilden. Die größten Herausforderungen dürften auch weiterhin die Wirtschaftskrise und die Sicherheitslage bleiben.Wichtig ist für das Land vor allem, die generelle Stabilität wiederherzustellen. Diese ist die Grundlage für seine weitere wirtschaftliche und politische Entwicklung. Der Westen braucht einen stabilen Verbündeten in der Region, gerade in der Frage der Fluchtbewegungen in der Region. Schafft es Pakistan, diese Rolle zu erfüllen, könnte das dem Land wiederum mehr westliche Investitionen einbringen.


Verzögerung schürt Vorwürfe um Manipulation

Die lange Verzögerung bei den Ergebnissen verstärkte Manipulationsvorwürfe. Die Wahlkommission hatte "Internetprobleme" für die Verzögerung der Ergebnisse verantwortlich gemacht. Sie erklärte aber, diese würden nun "kontinuierlich" eintreffen.Michael Kugelman, Direktor des Südasien-Instituts am Woodrow Wilson International Center for Scholars in Washington, sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Verzögerung deute darauf hin, dass die Machthaber versuchten, "ein Umfeld zu schaffen, das es ihnen ermöglicht, leichter in den Wahlprozess einbezogen zu werden".


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