Psalm 90:10-17 Lutherbibel 1912 (DELUT) Unser Leben währet siebzig Jahre, und wenn's hochkommt, so sind's achtzig Jahre, und wenn's köstlich gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen; denn es fährt schnell dahin, als flögen wir davon.
Auf der Zielgeraden eines langen Lebens wird man so nachdenklich. Kinder gehen aus dem Haus, gründen eigene Familien, Nachwuchs kündigt sich an, wenn wir Glück haben sehen wir ihn aufwachsen und wundern uns, wie schnell doch alles geht. Kaum aus den Windeln sind sie Schüler, junge Erwachsene.Man muss viel lernen im Leben, es ist ein unaufhörliches Lernen, auch Abschied zu nehmen, will gelernt sein. Immer wieder erreichen den Menschen Nachrichten, dass bekannte Menschen, die unser Leben berührt, gestreift, geteilt oder bereichert, oder auch belastet haben, die Welt verlassen haben. Das macht nachdenklich.Wir verlassen die Kollegen, die Arbeitsstelle, wenn wir die Berufstätigkeit beenden, manchmal kehren wir vielleicht noch an die Stätte unseres Wirkens zurück, stellen fest, dass neue Leute dort tätig sind, sie uns kaum oder gar nicht mehr kennen, dass so viel anders läuft. Wir sind dort nicht mehr zuhause.
Geliebte Haustiere verlassen uns, sie haben ein gutes aber nicht so langes Leben bei uns. Wir sind traurig, vielmals rücken neue Herzenstiere nach, irgendwann muss Mensch erkennen es darf kein Tier mehr nachrücken, denn wir sind ihm kräftemäßig nicht mehr gewachsen, können seine Bedürfnisse nicht mehr erfüllen.Eine sehr begnadete Tierschützerin tröstete mich in so einem Trauerfall einmal mit dem Satz:
Der viel zu frühe Tod unserer geliebten Haustiere ist der Preis, den wir für ihre unverbrüchliche Liebe und Treue zu zahlen haben.
Wir fahren unsere Fahrzeuge, nach ein paar Jahren bringen wir sie zum Schrotthändler, wenn alles gut gegangen ist, ihr Verfallsdatum überschritten ist und nichts mehr zu reparieren ist. Wir haben Geschirr, was zerbricht, Haushaltsgeräte, die den Geist aufgeben, wir müssen uns an neue gewöhnen.Wir stellen mit Erstaunen und so gar nicht erfreut fest, dass unsere körperlichen Kräfte uns ganz langsam verlassen.Wenn wir zurückdenken, was haben wir alles geschafft in relativ kurzer Zeit ohne groß zu ermüden. Und jetzt? Wir brauchen Pausen, alles geht langsamer. Und unser Geist begnadet der, der nicht dement wird, aber auch wir, die wir nicht als dement zu bezeichnen sind, merken Defizite, Worte fehlen, man verlegt mal die Schlüssel oder sonst was.Abschied auch von der Fähigkeit Neues aufzunehmen, die tollen neuen Techniken. Wenn wir sehen, wie flott junge Menschen damit umgehen werden wir neidisch, denn wir kapieren es nicht mehr so flott.
Der Garten, einst im Hurra ordentlich, dass es eine Freude war, muss jetzt in Etappen bearbeitet werden, weil der Rücken schmerzt, und auch die Knie.Wir wachen morgens auf, sind oft nicht mehr so ausgeruht, weil ein häufiger Harndrang auch in der Nacht unseren Frieden stört. Also auch Abschied von robuster Gesundheit. Immer mehr Hilfsmittel der Pharma Industrie müssen konsumiert werden. Der Appetit lässt nach, überall zwickt und zwackt es.Wenn wir in den Spiegel schauen, sehen wir manchmal ein uns fremdes Gesicht. Ja man fragt sich schon mal: Restaurieren oder unter Denkmalschutz stellen?
Sind wir das noch? Ist es ein Fremder? Oder man sagt sich: müsstest ja auch mal gebügelt werden! „Die Haare sind weiß geworden, Wo ist das Blond oder Dunkelblond der Jugend, die Fülle? Zähne sind teils nicht mehr vorhanden aber durch Brücken und Kronen ist der Mund noch voll.Bei anderen sieht es schlimmer aus, sie und ihre Zähne schlafen getrennt.
In den jungen Jahren ist man kritischer und glaubt oft, dass die Sache mit dem Glauben noch Zeit hat.In reiferen Jahren, wenn man so nachdenklich wird, findet man im Glauben doch Trost und Zuversicht. Und das ist gut so. Wir gehen alle unseren Weg von der Zeugung bis zum Ende. Und das ist das einzig Gerechte, es erwischt auch die, die sich machtvoll über Andere erheben und viel Ungutes in die Welt tragen. Aber wie sagte der Olle Konfuzius?
Es ist besser ein Licht anzuzünden, als über die Dunkelheit zu klagen.
In diesem Sinne machen wir weiter, bis der große Wolkenschieber uns das Heft aus der Hand nimmt.
© Karin Oehl
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