Fridolin
Jahrelang hat er unsere Terrasse oder auch die Beete an der Terrasse bewohnt. Oder waren es mehrere Fridolins nacheinander, die sich die herabgefallenen Körner von den Vögeln einverleibt haben? Wir haben immer nur einen, manchmal aber auch zwei gesehen. Unsere Katzen wurden regelmäßig raderdoll, wenn Fridolin oder Fridoline mal wieder übermütig vor den tiefen Scheiben rumturnte, als wollte er den Katzen eine Nase drehen. Da ließ er sich von dem Gebelle und aufgeregtem Getue der Katzen, die im Takt mich den Schwänzen peitschten gar nicht erschüttern, wie ihnen zum Hohn kam er ganz dicht an die Scheibe.
Besonders lustig war es, wenn Neuschnee lag ich mal wieder Krümel aus dem Fenster geworfen hatte. Dann tat sich ein Löchlein im Schnee auf, ein spitzes Näschen mit einem kleinen Schnurrbart erschien, sichernd.
Es guckten zwei schwarze Knöpfchen rund um sich, Blitzschnell holten sie sich die Körner und so flink wie der kleine Kerl erschien, war er wieder unter dem Schnee verschwunden.
Wir vermuteten, dass er unter einer Figur im Beet wohnte.
Nun aber schaute ich raus und sah ihn liegen Fridolin, unser kleines Mäuschen, tot.
Verletzt war er nicht. Diesen kleinen Genossen, der uns so manches Mal zum Lachen brachte, wollte ich würdevoll begraben und ging ins Haus, holte ein Schäufelchen und dann????
Blitzschnell war Hubert der Bussard runtergekommen, hatte sich den toten Fridolin geschnappt, ich konnte gerade noch sehen, wie er ihn in den Fängen in den nächsten Baum trug und zu verzehren begann.
Ja, in der Natur verkommt nichts. Zum Glück musste Fridolin nicht die Angst und den Schmerz spüren, den der Bussard ihm sicher zugefügt hätte.
Eine würdige Bestattung erübrigte sich dann.
© Karin Oehl