2 Jahre auf Teneriffa
Ein Jahr auf Teneriffa leben und arbeiten – das war die Idee. Doch viel zu schnell verflogen die zwölf Monate und es fühlte sich zu früh an, nach einem Jahr nach Deutschland zurückzukehren. Wir blieben und verbrachten ein zweites, ereignisreiches Jahr auf der Sonneninsel. Was ist in der Zeit passiert und wie geht es weiter?
Umzüge, Freundschaften und richtig ankommen
Als wir 2017 nach Teneriffa auswanderten, lebten wir in einem Vorort von Santa Cruz. Eine gute Ausgangslage, um den Sprachkurs in La Laguna zu besuchen, Behördengänge in der Hauptstadt zu erledigen und in verschiedenen Coworking Büros zu arbeiten, die sich alle im Norden, aber kaum im Süden Teneriffas tummeln. Nach fast eineinhalb Jahren wollten wir einen neuen Ort ausprobieren, wo wir nicht ständig aufs Auto angewiesen sind. Wir zogen auf die Nordseite: Bajamar war unsere neue Heimat. Die Wellen lockten meinen Freund, mich die beiden dort ansässigen Organisationen, für die ich ehrenamtlich tätig bin. Wir fanden eine kleine Wohnung direkt am Meer, schliefen mit Meeresrauschen ein und konnten morgens den Surfern vom Balkon aus zusehen. Uns umgaben nur die Geräusche der Natur, der Blick auf die Berge und der wilde Atlantik. So perfekt dieser Ort schien, wir konnten nicht Fuß fassen. Die Infrastruktur war schlecht, wir vermissten Freunde und abends um zehn waren die Bordsteine hochgeklappt.
Nach sechs Monaten entschieden wir uns schweren Herzens diesen besonderen Ort loszulassen. Ein neuer Umzug stand an: Wir luden unser Auto und den Bulli voll und brachten unsere Habseligkeiten am Silvestertag nach El Médano. Wir zogen in eine kleine, gemütliche Wohnung im Herzen des Kitesurf-Mekkas. Als passionierte Kitesurferin liebte ich El Médano seit dem ersten Besuch. Außerdem wohnen dort Freunde, somit war schon mal ein Anfang fürs Kontakte knüpfen gemacht.
Zugegeben, ich musste mich erst mal gehörig an die Lautstärke gewöhnen: Flugzeuge, Nachbarn, die Straße – der Lärmpegel stresste mich anfangs sehr. Doch mit der Zeit gewöhne ich mich daran und lerne die kurzen Wege mehr und mehr schätzen.
Für mich steht fest: Ich möchte nicht immer ins Auto steigen, sondern zu Fuß zum Meer laufen, Sport machen, einkaufen oder ausgehen können. Das gibt mir ein großes Freiheitsgefühl. Wie wichtig Freundschaften für mein Glück sind, habe ich nach dem Umzug gemerkt. Meinen Alltag mit Freunden zu teilen, gibt mir Geborgenheit und Rückhalt. Bereits nach drei Monaten fühlen wir uns in El Médano so wohl, wie nie zuvor auf Teneriffa. Der Ortswechsel war die absolut richtige Entscheidung.
Die Lust Neues zu entdecken
Nach zwei Jahren ist es immer noch ein Abenteuer auf der Insel zu wohnen. Ich habe Neues ausprobiert wie Paragling, Tauchen, Acro-Yoga. Ich war an so vielen besonderen Orten – habe den Teide erklommen, die Unterwasserwelt entdeckt und wunderschöne Wanderungen gemacht.
Neue Routinen bereichern meinen Alltag. Morgens, bevor es an den Schreibtisch geht, laufe ich zwei Minuten zum Meer – entweder mit der Yoga-Matte unterm Arm, meinen Schwimmsachen oder wir gehen mit dem Hund einer Freundin spazieren. Mein morgendlicher Meer-Besuch tut einfach so gut. Anschließend geht es gestärkt ans Arbeiten.
Selbstverständlich habe ich auf Teneriffa meinen Alltag – Arbeit ist ein großer Teil davon. Ich arbeite zwar nur 50% festangestellt, aber mit meinem Blog, dem soeben erschienen E-Book, der Workation und einem anderen neuen Projekt, in das ich euch bald einweihen werde, bin ich sehr beschäftigt. Aber schon allein die halbe Stunde morgens am Meer, die Mittagspause am Strand oder abends mit Freunden im Surfcafe zu sitzen – all das macht den Unterschied. Die Insel und meine Freiheit durch das ortsunabhängige Arbeiten verschaffen mir unheimlich viel Lebensenergie – ich fühle mich frei, kann mich und meine Kreativität viel besser ausleben.
Kein Ort ist perfekt
Auf Teneriffa ist längst nicht alles perfekt. Oft ist Geduld ist gefragt, weil alles länger dauert. Genauso musste ich Toleranz und Verständnis haben für Dinge, die anders laufen als gewohnt. Häufig muss man ein Auge zudrücken, wenn an wunderschönen Buchten ein Hotelbunker die Idylle zerstört. Die Lautstärke der Nachbarn und der Straße ist gewöhnungsbedürftig. Dennoch ist für mich die unperfekte Insel so liebenswert. Für mich sind es die Stimmung, die Menschen, die versteckten schönen Ecken in der Natur und zahlreichen Outdoorsportmöglichkeiten wie Kitesurfen, Klettern, Schwimmen, Tauchen und Wandern.
Wer sich anpassen und über Makel hinwegsehen kann, dem kann die Insel sehr viel geben. Jeden Morgen mit Sonne und Wärme aufzustehen und das ganze Jahr draußen sein zu können, ist immer noch ein Geschenk für mich.
Wie geht es weiter?
Ich möchte weniger oft, dafür umso länger nach Deutschland fliegen. Es bedeutet mir viel, bei Hochzeiten, Geburtstagen, Karneval und anderen wichtigen Ereignissen da sein zu können. Allerdings möchte ich lieber für einen ganzen Monat nach Deutschland fliegen, als mehrmals Mal im Jahr. Einer der größten Vorteile Teneriffas ist die gute Anbindung nach Köln und das Wissen, jederzeit in den Flieger steigen zu können.
Auch beruflich habe ich vom Auswandern profitiert und befinde mich in einem Prozess der Veränderung. Mit dem räumlichen Abstand wurde mir klarer, was ich beruflich wirklich will und bin neue Projekte angegangen. Seit zwei Jahren pflege und hege ich mit viel Herzblut diesen Blog, habe ein Jahr an einem Ratgeber fürs erfolgreiche Auswandern geschrieben und im März meine erste Workation auf Teneriffa veranstaltet. Hätte ich vor zwei Jahren die Energie und den Mut gehabt, diese Herzensprojekte umzusetzen? Vermutlich nicht. Der Neuanfang auf Teneriffa und die letzten beiden Jahre waren sehr lehrreich. Sie haben mich bestärkt, mutig meinen Weg zu gehen. Auf dem Weg gab es immer wieder Zweifel. Aber jeder kleine Erfolg, jede Rückmeldung meiner Leser bestärken mich darin, weiterzumachen.
Ich bin dankbar für die zwei Jahre voller Höhen und Tiefen, vieler kleiner und großer Glücksmomente und freue mich auf das, was kommt.
Zum Erfahrungsbericht „5 Jahre auf Teneriffa“
Quelle: https://aufdersonnenseite.de/auswandern/erfahrungsbericht-2-jahre-auf-teneriffa/