Wiedererwachen

Es ist nicht mehr weit die Zeit, in der auch die Winterschläfer erwachen. Die ersten wurden schon gesehen und leider auch schon elende Tiere wieder in den Stationen abgegeben. Der Frühling ist früh in diesem Jahr, der Winter war sehr nass aber auch mild. Die Blumen blühen, Osterglocken schon im Februar, die Knospen der Bäume treiben. Wir alle spüren den Frühling und genießen seine Zeichen in der Natur.

Im vorigen Jahr wollte ich keine Igel mehr aufnehmen.50 lange Jahre Bück Arbeit, keinen richtigen Urlaub, zu jedem Tag und Nachtzeit Telefon und Haustürglocke ertragen, auch ertragen, dass man nicht allen Igeln helfen konnte. Viele Todesfälle, oft dramatisch, wären nicht nötig gewesen mit mehr Vorsicht, Einsicht und genauem Hinschauen. Viel Dummheit und Ignoranz der Menschen geschluckt, aber auch tolle Menschen kennengelernt, die Freunde wurden.

Aber wie es so immer ist alte" Kunden“, die nicht mobil sind, die keine anderen Helfer finden konnten, kamen bei mir mit Igeln wieder an. Alle anderen Stationen meldeten auch Land unter sie konnten nicht mehr aufnehmen.

Und ich konnte nicht Nein sagen. Es ist kein Spiel, es ist kein Hobby, Es sind lebende Wesen, die man aufnimmt, Verantwortung übernimmt und sich verdammt viel Sachkunde aneignen muss. Mit dem oft beschriebenen PÄPPELN ist es nicht getan. Viele Igelleben müssten nicht enden, würden Menschen nicht oft in guter Absicht, aber Dummheit und Viertelwissen aber auch Selbstüberschätzung so viele Fehler machen, die zu Lasten dieser wunderbaren Tiere gehen.
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Albert Schweitzer prägte einen Satz:

Ich bin Leben von Leben, das leben will.

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Das helfen wollen steckt mir in den Genen, egal ob Mensch oder Tier. Das treibt niemand aus, es ist fest im Inneren angelegt. Aber ich weiß auch, dass ich nicht der liebe Gott bin und die verdammte Pflicht habe, mein Wissen und Können immer wieder zu hinterfragen und mich fort zu bilden und mein Wissen und Können dann auch weiter zu geben. Und wie es immer ist man verspricht mir viel, die Tiere weiter zu pflegen, wenn sie gesund sind. Plötzlich gibt es viele gute Gründe, sich dann doch zu entziehen. Neun sind auf mir hängen geblieben. Im Verhältnis zu früher sind es gaaaaanz wenige. Für die Unzuverlässigkeit der Menschen können die uns ausgelieferten Igel nichts. Also ließ ich mich wieder in die Pflicht nehmen.

Igel wurden gesund gepflegt, sachkundig behandelt, gediehen und wurden, als sie schwer genug waren, in den Kaltbereich befördert mit Gehege. Es dauerte eine Weile, bis sie begriffen es ist Winter, die Tage sind kurz und die kuschelige Höhle hier ist angenehm, um das zu tun, wofür der kleine stachelige Körper programmiert ist, nämlich im Winter zu schlafen.

Der Winterschlaf ist nun nicht das, was er zu sein scheint, ein Schlaf wie wir ihn kennen. Es ist der kleine reversible Tod. Der Igel fährt alle Körperfunktionen zurück, er atmet nur noch selten, sein kleines Herz schlägt nur noch selten, er kühlt aus und lebt von seiner im Herbst angefutterten Speckschicht. Der Wiederaufwachprozess dauert Stunden, also Alltagsgeräusche wecken ihn nicht. Erst die innere Uhr tut das, wenn die Tage länger werden, die Temperaturen ansteigen, dann merkt auch der Igel es ist gut gewesen und er aktiviert sein braunes Fett aus der Schultergegend, um quasi die Anschubfinanzierung zum neuen Igel Jahr zu haben. Die Zeit des Winterschlafes ist die Zeit zum Luftholen für Pfleger.

Aber nun täglich schaue ich nach und entdecke gestern, dass viel Wasser aus dem Napf verschwunden ist und das Trockenfutter zerwühlt ist und scheinbar weniger wurde Hallo! Nun heißt es aufzupassen! Ein Igel braucht zunächst mal Flüssigkeit, er entleert ein wenig seinen Darm und dann hat er natürlich Hunger. Viel hat so ein Kerlchen dann aufzuholen.

Gestern Abend bereitete ich eine Portion Futter mehr zu und stellte es in dies Gehege. Und siehe da -- -  -das Futter wurde verputzt, der Darm entleert natürlich in die Futterschale. Kleine Igel sind Säulis. Stroh war aus dem Nest ausgetragen beim rausschlüpfen Ein deutliches Zeichen der Kleine lebt und ist wiedererwacht, die Anderen scheinen sich noch etwas Zeit zu lassen. Noch schaue ich nicht nach dem Tier, denn es scheint alles in bester Ordnung zu sein. Bis ich ihm die Freiheit geben kann, wird noch eine Zeit vergehen, denn dann muss erst mehrere Tage die Temperatur nachts über 8 ° sein, damit die bodenlebenden Insekten ausreichend für den Insektenfresser zur Verfügung stehen und er selbst den Gewichtsverlust durch den Winterschlaf aufgeholt hat

Aber ich freue mich, freue mich wie Bolle, dass dieses kleine Leben bald zurück in die Freiheit gehen kann, dorthin, wohin er gehört.


© Karin Oehl


 
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