Senfhunde

Senfhunde

Was sind Senfhunde? Na klar, man kann auch Promenadenmischlinge sagen oder Mixe oder sonst was. Ich sage Senfhunde, weil manche Rassen ihren Senf dazugetan haben – im Aussehen oder auch im Wesen.

Wer einen Senfhund zu sich nimmt, greift in eine Wundertüte hinein – es ist immer spannend, was draus wird. Da kommt das angewölfte Wesen der Eltern natürlich irgendwie zum Tragen, wohl auch ihre Lebenserfahrungen, die wir oft nicht kennen, vor allem, wenn die Hunde keine Welpen mehr sind. Aber unendlich viel wird auch geprägt durch das Zuhause, das wir solchen Tieren geben. Haben wir nur immer Glück gehabt? Ich weiß es nicht. Unsere Senfhunde waren immer toll, echte treue Freunde und Familienmitglieder.

Wir haben  im Laufe unseres Lebens  mehrfach Senfhunde zu uns genommen, sowohl Welpen als auch ältere Tiere. Auf was wir uns einließen, konnten wir höchstens schwach erahnen. Ich denke an Lisa, die an einen Spaniel erinnerte. Sie kam alt, krank, scheinbar resigniert und traurig zu uns, war inkontinent, konnte und wusste nichts von der Welt. Und wie sie sich in den etwas über 2 Jahren ihres verbliebenen Lebens hier veränderte, ihr Augenausdruck, ihre Körperhaltung , die Freude , die sie so unnachahmlich zeigen konnte, wie sehr sie Lob genoss, wie unglaublich liebevoll sie mit ihrer kleineren Hausgenossin, aber auch mit Katzenwelpen umging – das war einfach umwerfend. Dabei sollte man von einem Spaniel annehmen, dass er ein jagdlich ambitionierter Hund ist. Nichts von dem war in Lisa. Ihr Leben war schwer für sie gewesen und hätte sie erzählen können, was sie alles erleben musste – ich glaube, es wäre für uns auch schrecklich gewesen. Hatte sie sich zunächst resigniert und müde, ja ein wenig trottelig gezeigt, so taute sie doch unglaublich auf, nachdem es ihr auch körperlich besser ging und sie zu uns Vertrauen gefasst hatte. Lisa war einfach nur Liebe auf 4 Beinen zu ihren Menschen und der Meute, die diese Menschen umgab. So viel Geduld, Freundlichkeit und Verständnis war in ihr. Leider setzte ihre unheilbare Krankheit ihr viel zu früh ein Ende.

Tino war scheinbar ein Irish-Setter, also auch ein Jagdhund, aber jeder Züchter hätte die Nase gerümpft, zu viele “Fehler“ hätte er in seinem Äußeren erkannt. Uns hat das alles nicht berührt, denn wir gehen nicht mit einer Ahnentafel spazieren, sondern mit unserem Hund. Er war auch kein Welpe, als er zu uns kam. Er war geprägt durch Erfahrungen und schon ein mehr als 3-jähriges Leben, das viele Tiefen hatte. Wir haben in diesen Hund einiges investiert – Geduld, Zuwendung, Konsequenz, Geld , aber es hat sich gelohnt. Er wurde unser Hund und wir haben gute Jahre miteinander gelebt. Dass er so ganz anders war mit all seinen Macken und liebenswerten Eigenschaften, was macht das schon?  Als er ein Jahr nach seinem Schlaganfall eine Magendrehung bekam und wir uns sehr schnell verabschieden mussten, war die Trauer groß. Er hinterließ eine große Lücke. Er, der große, der imposante, aber auch mal dominante Rüde fehlte uns sehr. Der Kumpel, der jeden Weg mit uns ging, so viel Freude zeigte und so sehr um Zuwendung bemüht war. Seine Jagdleidenschaft war nicht besonders ausgeprägt – dafür war er in der Anfangszeit ein fürchterlicher Raufbold, der Artgenossen, vor allem gleichgeschlechtliche, nur beißen wollte. Wir haben alle unsere Kampfspuren abbekommen. Aber zu Hause war er einfach nur ein Goldstück.

Dana ist wiederum so ganz anders, wir bekamen sie als Welpen mit allen Geschwistern. Die kleine kapriziöse Zicke hat nie gelernt, manierlich an der Leine zu gehen. Ist sie draußen, ist sie auf Jagd. Ein Ableinen ist nie möglich, nachdem sie mehrfach ihre jagdlichen Ambitionen deutlich zeigte und sogar noch an der Leine erfolgreich war. Dana ist das Zufallsprodukt eines großen Münsterländers und eines Staby-Mixes. Stabys sind in den Niederlanden als reine Jagd-Gebrauchshunde gezüchtete kleine schwarz-weiße Münsterländer. Nun, da wir ihre Abstammung kannten, mussten wir mit einer passionierten Jägerin rechnen. Bei ihr wussten wir, welcher Senf in dem Hund steckte. Mäuse ausgraben und fangen ist noch die harmlose Variante.  Einmal packte sie ein schlafendes Kaninchen in einer Feldfurche, ein anderes Mal hatte sie sich mit Schleppleine davon gemacht, war auf Wildschweinjagd gegangen und trieb uns eine volle Rotte zwischen Menschengruppen hindurch. Während sie draußen alles jagt, was nicht beim ersten Bellen auf den Bäumen ist, verträgt sie sich zu Hause mit unseren Katzen super und schmust sogar mit ihnen. Noch heute, im Alter, zeigt sie uns jedes Wild und meist kann sie ihren Jagdtrieb einfach nicht bremsen. Und das bei uns, die wir Jägern und der Jagd nun so gar nichts abgewinnen können! Aber es geht – gut sogar! Und wenn sie mal vernünftig an der Leine laufen sollte, werde ich mir große Sorgen machen.

Ernie dagegen ist ein undefinierbarer Hund. Er ist mittelgroß, schwarz, kurzhaarig mit weißem Brustfleck. Er verrät nicht, wer seine Ahnen sind. Als junger Hund streunte er in Griechenland auf einem Campingplatz rum und klaute sich seine Nahrung zusammen. Das brachte ihm Schläge, Fußtritte und  Hiebe mit Ketten und Sonstigem ein. Unser Sohn fütterte und schützte ihn, so blieb der Hund bei ihm, und unser Sohn setzte alles dran, ihn mitzubringen. Deshalb ist er hier gelandet. Er hat einen ganz edlen Charakter, der uns immer wieder erstaunt und rührt. Wenn er z.B. beim Tierarzt seine Spritze bekommt, setzt er sich noch vor ihn hin und gibt Pfötchen. Er rauft nie. Merkt er, dass er nicht willkommen ist, geht er weg. Ernie ist inzwischen alt und ich darf nicht dran denken, was passiert, wenn es denn passiert …

Senfhunde sind liebenswerte Geschöpfe – egal, wie sie aussehen, welche Erfahrungen sie mitbringen, welche Prägungen sie haben. Wer sich auf einen Senfhund einlässt und ihm viel Liebe gibt, wird nicht nur überrascht, er wird auch sehr glücklich.

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Karin Oehl,

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