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Der Affäre Schlesinger

Der Affäre Schlesinger

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Wenn es um Vetternwirtschaft und persönliche Privilegien geht, denkt man zwangsläufig an einen Mann. Doch siehe da, diesmal geht es (ausnahmsweise) um eine Frau.

Die Affäre um die ARD-Chefin und RBB-Intendantin Patricia Schlesinger, die wegen schwerer Vorwürfe zurückgetreten ist, ist ein Imageschaden für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland – und nicht nur dort.

Der Fall beschäftigt sogar die Staatsanwaltschaft, die wegen des Anfangsverdachts der Untreue und Vorteilsannahme gegen die 61-Jährige, ihren Ehemann und früheren „Spiegel“-Journalisten Gerhard Spörl sowie den RBB-Verwaltungsratschef und Messe-Chefkontrolleur Wolf-Dieter Wolf ermittelt.

Was Schlesinger vorgeworfen wird, hätte Stoff für einen Film des kürzlich verstorbenen Starregisseurs Dieter Wedel bieten können. Es geht um angebliche Vetternwirtschaft und auffällige Privilegien für die Intendantin sowie einen womöglich zu laxen Umgang beim beruflichen und privaten Verhältnis zu Senderchefkontrolleur Wolf.

Ende Juni hatte „Business Insider“ das Ganze ins Rollen gebracht. Die bislang ungeklärten Vorwürfe reichen von fragwürdigen Beraterverträgen zu einem inzwischen auf Eis gelegten RBB-Bauprojekt, einer großen Gehaltserhöhung für Schlesinger auf gut 300.000 Euro bis zu einem zusätzlichen Boni-System. Außerdem geht es um angebliche Essen mit „Multiplikatoren“ auf RBB-Kosten in ihrer Privatwohnung und einen luxuriösen Dienstwagen mit Massagesitzen, für den es einen sehr hohen Rabatt gegeben haben soll.

In weiteren Medienberichten ist von einer  Liste von Teilnehmern die Rede, die bei den Treffen in Schlesingers Privatwohnung dabei gewesen sein sollen, und einer  Menüabfolge. Zudem geht es um angebliche Rechnungsabänderungen zu den Essen. „Bild“ nannte auch eine veranschlagte Summe von mehr als 650.000 Euro für einen Umbau der Chefetage im RBB für den ARD-Vorsitz.

Selbst der RBB-Abgang Schlesingers, die sich als Opfer von „Diffamierungen“ sieht, ist noch begleitet von Spekulationen, ob es eine Abfindung geben könnte, weil sie in ihrem Rücktrittsschreiben an die RBB-Aufsichtsgremien auf Vertragsparagraphen pochte und ihren Anwalt ins Spiel brachte.

Befürchtet wird jetzt schon ein Imageschaden für den gesamten öffentlich-rechtlichen Rundfunklandschaft in Deutschland. „Das unsensible Luxusgebaren in der RBB-Intendanz ist Wasser auf die Mühlen derjenigen, denen der öffentlich-rechtliche Rundfunk schon immer ein Dorn im Auge war“, schreibt die „Berliner Morgenpost“: „Jetzt steht die ARD angreifbarer denn je da. Erste Forderungen nach ihrer Abschaffung ziehen Kreise. Die Öffentlich-Rechtlichen laufen Gefahr, von einer Negativstimmung überrollt zu werden, die nicht mehr zu drehen ist.“

Der Fall hat europäische Dimensionen: In Frankreich wird gerade die Finanzierung der Öffentlich-Rechtlichen neu geordnet. Die Abschaffung der Rundfunkgebühr ist durchs Parlament – Präsident Emmanuel Macron hat das im Wahlkampf propagiert. Einige Abgeordnete haben den Staatsrat angerufen, das Ganze ist also noch nicht in Stein gemeißelt. In Großbritannien steht die BBC unter gewaltigem Druck, der scheidende Premierminister Boris Johnson zündelte gerne mit dem Plan einer Streichung der Gebühren und dem Einfrieren staatlicher Subventionen für die öffentlich-rechtliche BBC.

Selbst im beschaulichen Ostbelgien ist die inzwischen auf 6,6 Millionen Euro angewachsene Dotation, die der Belgische Rundfunk (BRF) jährlich von der DG erhält, so manchem ein Stein des Anstoßes.

Der öffentlich-rechtliche Rundfunk ist also international derzeit unter Druck – jedenfalls dort, wo es ihn gibt. In den USA etwa spielt er bestenfalls eine Nebenrolle. (cre/dpa)


 

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