Die Igelstation läuft und läuft und läuft

Die Igelstation läuft und läuft und läuft

Mit dem heutigen Tag beherbergen wir 45 Tiere stationär, es ist Sommer 2018

Die meisten Tiere sind sehr verletzt oder krank oder von diesen 45 Tieren sind 18 verwaiste Babys.

Das bedeutet viele Stunden bei der Käfigreinigung, Medikation, Dokumentation, damit ds Veterinäramt jederzeit zu Kontrollbesuchen kommen kann.

Die größte Freude ist es, wenn man gesund gepflegte Igel wieder der Natur zurück geben kann, damit die Tiere ihre zweite Chance zum Leben und zur Arterhaltung nutzen können.

Leider geht es nicht immer so gut.

Neulich kam eine junge Frau, die sich so sehr bemüht hat, Hilfe für zwei Igelbabys zu finden, vom Tierarzt so miserabel beraten wurde, Sie sollte die Kleinen doch mit Katzenfutter füttern.

Ein Tierarzt empfahl sogar noch Milch den Tieren anzubieten.

Also man fasst sich an den Kopf –

Igel sind Säugetiere und brauchen während der Säuglingszeit die Milch ihrer Mutter.

Haben wir keine Mutter, weil sie verletzt, getötet wurde oder an einer Krankheit starb und die Babys gefunden wurden, muss man doch zunächst das Alter bestimmen und dann notfalls eine der Muttermilch ähnlich gemachte Milch in der richtigen altersentsprechender Menge und  Häufigkeit verabreichen . Solche Säuglinge sind auch noch nicht in der Lage selbst Nahrung aufzunehmen. Ein Ventilgummi Stückchen vom Fahrrad auf einen Konus einer entsprechend großen Spritze ersetzt die Mutterzitze. Aber ebenso wichtig wie die Fütterung ist das genaue Gegenteil. Die Kleinen können Stuhl und Urin noch nicht selbst absetzten, Wie die Mutter es tut, müssen wir mit leichter Bauchmassage bzw. Stimulation des Analbereiches für die Herbeiführung von Ausscheidungen sorgen. Natürlich ist das sehr zeitaufwendig, aber die Kleinen bekommen sonst Blähbäuche und verenden unter großen Schmerzen.

Kleiner Tipp – das Milchpulver mit Fencheltee anmengen verhindert auch Blähbäuche#

Nun, diese Kleinen haben es leider nicht geschafft, sie waren bis die Dame hier sein konnte, derart dehydriert und möglicherweise auch fehlernährt, dass der Tod nur noch eine Frage von wenigen Stunden war. Sowas zu erleben tut immer weh.

Und immer wieder werden wir vor neue Phänomene gestelllt und müssen schnell handeln, So schnell erreichen wir oft keinen Tierarzt, der sachkundig und engagiert in Sachen Igel ist.

Kommt doch am späten Abend eine Frau mit einem adulten Igel, dem hatte sie schon viele Fliegeneier aus dem Fell gemacht und Zecken entfernt, alles richtig, sie sah auch eine Verletzung, der Igel war noch so stark, dass er sich noch gut einrollen konnte. Es blieb mir dann überlassen ihn davon zu überzeugen, dass er sich doch mal mehr öffnen musste und die Katastrophe kam zum Vorschein. Massenhaft quollen mindestens zwei Tage alte Maden aus dem Untergrund. Ich brauchte eine dritte Hand. Die Tochter der Finderin war nicht so fimschig, sie zog sich Handschuhe an und half mir. Wir mussten auch Chemie einsetzen, weil wir nicht sicher sein konnten, dass trotz unserer Bemühungen sich noch Maden versteckt hielten. Danach spülten wir die Wunde gut aus und nach dem Stress bekam der Igel erst mal Ruhe im Gehege. Was wir nicht für möglich gehalten haben – am anderen Morgen hatte er sogar etwas gefressen. Bei guter Wundpflege wird das Tier bald wieder gesund und heil sein und in die Freiheit können.

Ebenso an einem späten Abend rief das Tierheim an. Es hatte einen kleinen Igel mit einem auffallend dicken Bauch herein bekommen, der aber munter fraß Die Frage war, hat das Tier einen Abszess am Bauch? Nein, es war kein Abszess, es sah etwas entzündet aus und ich hielt es für einen Bauchdeckenbruch. Vorsichtig setzte ich das Tier nach Behandlung der Entzündung in ein Gehege.

Morgens war der Bauch noch dicker, ich setzte das Tier vorsichtig auf die Waage und da passierte es: Doch ein Abszess, der sich plötzlich öffnete? Nein ich erkannte herausquellende Darmschlingen.

Rasend schnell verpackte ich den kleinen Igel in ein mit Kochsalzlösung getränktes Tuch und ab ging es zum Tierarzt. Leider war es nicht möglich, das Tier zu retten, der herausquellende Darm war durch die Einschnürung schon nicht durchblutet, die Haut so dünn, der Tierarzt konnte nur noch erlösen.

Das war kein guter Anfang des Tages. Aber auch damit müssen Menschen, die sich dem Igelschutz verschworen haben, umgehen.

Heute Vormittag kam wieder ein Anruf: eine Frau hat lautes helles Schreien aus einem Kellereingang gehört. Da hinein waren zwei kleine Igel gefallen, Sie suchte schnelle Hilfe.  Als sie in der Sommerhitze mit dem Auto und den Kleinen kam, waren sie schon sehr entkräftet, Eine Elektrolythinfusion unter die Haut brachte sie schnell wieder auf die Beinchen. Nun haben sie im Käfig Ruhe, Wasser, Futter und ich werde mir mal ihre Hinterlassenschaften genau anschauen, denn tagaktive Igel  lassen immer die Alarmglocken läuten.

Andere Menschen fahren jetzt in Urlaub, ich würde auch mal gern –geht nicht, wie schon seit vielen Jahren nicht, Aber was solls?  Täglich müssen wir mit neuen Herausforderungen rechnen. Vor Kurzem waren es 4 Igel in drei Tagen die mit fürchterlichen Wunden an den Köpfen kamen, weil Menschen mit Rasentrimmern ohne nachzuschauen unter überhängenden Büschen oder an Heckenfüßen gemäht haben und leider mussten alle Tiere vom Tierarzt erlöst werden, Da kommt nur noch Wut auf.

Wir haben begonnen , die Hersteller dieser Geräte um Warnhinweise zu bitten, wir haben die Baumärkte um Aufklärung beim Kauf dieser Geräte gebeten und die Grünflächenämter und das Fernsehen,, die Print-Medien  sowie große Naturschutzverbände angeschrieben, Das Echo war durchweg positiv. Aber was nützt es, wenn die Betreiber keinen Sinn für Vorsicht haben und gleichgültig so weiter machen?

Es ist so frustrierend. Wir haben es wenigstens versucht.

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© Karin Oehl

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