Gratwanderung

Da gingen wir zeitlebens auf einem schmalen Grat unserer Wege und wussten es gar nicht. Die Liebe und Güte, die Vorsorge und die Aufmunterung unserer Eltern suggerierten uns zwar, dass wir, wenn wir dem folgen, sicher sind – doch ist es so? War es so? War nicht unser Leben bestimmt durch eine Portion Glück oder auch Umstände und Zufälle?

Da gingen wir auf dem Bürgersteig brav an der Hand, nichts ahnend von dem Auto, dass hätte in uns rein fahren können. Da kamen wir pünktlich nach Hause, wenn es dunkel wurde, doch erschreckende Dinge geschehen auch tagsüber, besonders heute. Wir fuhren mit der Schulklasse in die Jugendherbergen, wie leicht hätte der Bus verunglücken können. Und nur unser Vertrauen in die Eltern, in uns und in die uns bekannte Umwelt, machte uns das Leben scheinbar sicher. So war es. Doch über die Jahre erkannten wir schmerzlich, was alles geschehen kann und eine zarte Mutter, auf deren Arm das Baby sich wohl fühlt, keinen Einfluss hat auf das, was um sie herum alles geschehen kann und sie mitreißt.

Heißt das nun, dass wir eigentlich blind und mit falscher Vorgabe durchs Leben gehen? Da ist z.B. schon lange Zeit die gleiche dunkle Strasse, die ich gehen muss und oft ist mir zu einer bestimmten Zeit spät abends , wenn alles rundum wie ausgestorben scheint, unwohl dabei und ich bin froh, wenn ich zu Hause bin. Ein anderes Mal renne ich dieselbe Strasse runter in Sorge um meine Angehörigen. Es ist viel später und wieder niemand weit und breit, doch ich habe keine Zeit und keinen Platz im Kopf frei, um es wahrnehmen zu können. Wir begaben uns ebenfalls aus Liebe oder Unvernunft in Situationen, die brenzlig hätten ausgehen können, später sind wir froh, dass es gut gegangen ist.

Also tragen uns nicht Sicherheit und Vertrauen, sondern Gedanken durch eine Scheinwelt, neben der die Realwelt steht – beide ganz dicht beieinander – fast übereinander. Mal schiebt sich die eine vor, mal die andere – in welcher fühlt man sich denn sicher oder wohl?! Braucht man denn beide? Lässt uns unser großer Schatten an der Wand oft auch größer erscheinen? Fragen über Fragen – die jedoch das Wort Vertrauen und Sicherheit vage werden lassen; Worte, in die zeitlebens ein Riesen Packen an Soll hinein gegeben wurde.

Wenn wir den Gedanken weiter spinnen zu dem aktuellen Erdbeben auf Haiti hin - sehen wir uns so klein - selbst noch in der Gemeinschaft der Masse. Wie eine Spinne, die tapfer ihr Netz spinnt und glaubt, sie lebe in einem riesigen Terrain – die größeren Lebewesen und Gefahren um sich herum nicht sehend – welche zuversichtlich immer wieder die zerrissenen Fäden im Netz repariert ….

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